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Das Familiengeheimnis

BeitragVerfasst: Mo 11. Apr 2011, 12:59
von Gelis
Ursprünglich war das die Idee zu einem Drabble. Aber ich habe schnell gemerkt, dass man dieses Szenario ausführlicher beschreiben muss. Letztendlich ist dann dieser Zweiteiler dabei herausgekommen.

Ein großes „Dankeschön“ gebührt meiner Klasse-Beta Magss. Sie versteht es, immer noch mehr Details und Beschreibungen herauszulocken. Ihre Ratschläge sind unbezahlbar.

Zur FSK muss ich sagen, dass durchaus sexuelle Anspielungen vorhanden sind.

Disclaimer: Leider sind die Figuren von anderen erfunden worden! Von mir ist nur diese kleine Geschichte, geschrieben zu meinem eigenen Vergnügen und ich habe durch sie ganz bestimmt keinen finanziellen Gewinn.


Das Familiengeheimnis (1/2)

Diese laue Frühsommernacht war prädestiniert für die Liebe. Ein kaum spürbarer Wind bewegte leicht durch das geöffnete Fenster die Vorhänge. Er trug den Duft der draußen im Garten blühenden Rosen ins Zimmer. Durch die Spalten der Vorhänge blinzelte silbern der Mond. Es fehlte nur noch der herzbetörende Gesang einer Nachtigall.

Entspannt und zufrieden nahm Clark diese nächtliche Idylle in sich auf. Neben sich hörte er Lois gleichmäßig atmen, sie war gerade eingeschlafen. Mit einem zärtlichen Lächeln voller Dankbarkeit dachte er an die vergangene Stunde zurück. Sie hatte ihnen beiden diese Erfüllung geschenkt, wie sie nur die Liebe zu geben vermochte.

Durch seine Superman-Tätigkeit, die natürlich immer zu den unpassendsten Zeiten notwendig wurde, war seit gut einer Woche für körperliche Liebe zwischen ihnen keine Zeit und Möglichkeit gewesen. Umso mehr hatten sie diese heutige Gelegenheit begrüßt und genossen. Auch nach gut neuneinhalb Ehejahren war ihre Leidenschaft nicht kleiner geworden. Im Gegenteil! Das gemeinsame Leben mit seinen Höhen und Tiefen hatte sie enger verbunden, als er sich das jemals hätte vorstellen können. Und immer noch war Lois die zauberhafte Geliebte, deren uneingeschränkte und vertrauensvolle Hingabe jeden Liebesakt zu einem Erlebnis werden ließ.

Sein großes Verlangen nach ihr war auch der Grund dafür gewesen, dass er vorhin nach seiner Heimkehr nicht zu den beiden bisherigen Früchten ihrer Liebe geschaut hatte, wie es sonst seine Gewohnheit war.

Sie waren das ganze Glück ihrer Eltern und Großeltern: Lara Ellen und Jorelian Samuel!

Lois hatte seinerzeit bei den Namensgebungen darauf bestanden, seine leiblichen Eltern auf diese Art und Weise zu ehren und ihrer so zu gedenken. Schließlich hatten die beiden so viel Mut besessen, ihr Liebstes, das Baby Kal-El, auf die weite Reise durch das All hierher zur Erde und damit in ihr Leben zu schicken, hatte Lois argumentiert.

Im Gegenzug hatte Clark verlangt, dass die Kinder wenigstens als zweiten Namen die der Großeltern Lane bekämen. Die Kents waren zudem der einhelligen Meinung gewesen, ‚Lara Martha‘ oder ‚Jorelian Jonathan‘ wären vom Klang her keine gelungenen Kombinationen.

Doch es bestand ja immerhin noch die Hoffnung und Möglichkeit, dass einer oder vielleicht sogar beide dieser vernachlässigten Namen zu hohen Ehren gelangten.

Als ob diese Gedanken an den Nachwuchs ein Stichwort gewesen wären, drang plötzlich ein kaum wahrnehmbares „Daddy"-Schluchzen seines noch fünfjährigen Sohnes an Clarks Ohr. Es war so leise, dass Lois nicht davon wach werden konnte. Sie sollte auch unbedingt ihren ungestörten Schlaf haben. Ganz vorsichtig löste er seinen Arm von ihrem auch nach zwei Schwangerschaften immer noch so hinreißenden Körper, schwebte lautlos zu der etwas offenstehenden Tür und landete sachte draußen im Flur.

Er musste über sich selbst den Kopf schütteln. Da hatte er doch nach seiner Heimkehr aus verständlichen Gründen nicht mehr daran gedacht, die Tür ganz zu schließen. Die besorgte Mutter wollte nachts immer die Schlafzimmertür einen Spalt aufhaben, um im Bedarfsfall die Kinder gut hören zu können. Schließlich hatte sie einen ganz normalen Gehörsinn und ihr Mann war auch zu später Stunde viel in Sachen Weltrettung unterwegs, genau wie vorhin.

Bis auf das nur für sein Supergehör vernehmliche kindliche Schluchzen lag das Haus in nächtlicher Stille. Vor Laras Zimmer konzentrierte er sich und lauschte kurz. Der ruhige gleichmäßige Atem der Achtjährigen verriet ihm ihren tiefen Schlaf.

Leise betrat er das andere Kinderzimmer mit den bunten Buchstaben ‚J O R E L I A N‘ an der Tür. Die kleine Nachtlampe in der Steckdose gab ein schwaches Licht von sich. Fast wäre er nach dem Hineingehen über etwas Blaurotes gestolpert, das in unmittelbarer Nähe der Tür auf dem Fußboden lag.

Oh, Oh! Das war gar kein gutes Zeichen! Normalerweise musste die vor lauter Zuneigung schon recht ramponierte Superman-Puppe mit dem zerschlissenen Cape immer mit ins Bett. Drei aus dem gleichen Beweggrund genau so lädierte Tierfiguren, ein Teddy mit aufgeribbelter Nase und abgewetztem Fell, ein rückenflossenloser Delphin und ein Schimpanse mit nur einem Ohr, teilten sonst mit ihr das Nachtlager des Kindes. Aus welchem Grund war Superman wohl von dem gemeinsamen Schlafen so konsequent ausgeladen worden?

Sorgenvoll und nichts Gutes ahnend nahm Clark den leicht bebenden Hügel im Kinderbett in Augenschein. Der kleine Kerl lag zusammengekrümmt in Embryo-Stellung unter seiner Bettdecke und weinte leise „Daddy“ vor sich hin. Was konnte die sonst so heile Welt seines Jungen erschüttert haben?

Bestürzt kniete Clark sich vor die Schlafstätte und zog seinen Sohn an sich heran: „Hey, Großer, ich bin ja da! Hast du schlecht geträumt? Oder tut dir etwas weh?“

Mit einem gewaltigen Schluchzer schlang Jorelian seine Arme um Clarks Hals und presste sein nasses Gesichtchen an das seines Vaters: „Daddy! Daddy! Ich wusste nicht, dass du wieder zuhause bist. Ich hab dich nicht kommen hören!“

Wie ein Raubtier in der Nacht überfiel den so Heißersehnten sein schlechtes Gewissen. Umso liebevoller trocknete er zuerst mal das laufende Näschen. „Hast du denn noch gar nicht geschlafen? Komm, Jory, sag mir, was los ist. Warum weinst du so? Du hättest doch zu uns kommen können!“ Im Nachhinein konnte man das gut sagen!

Der Kleine schluchzte einige Male kräftig auf: „…Daddy, ich hatte keinen bösen Traum und es tut mir auch nichts weh! …...Ich hab nur solche Angst, dass du …von uns …weg gehst!“

Beruhigend strich Clark über die dunklen Haare, die jetzt widerspenstig durch das Liegen nach allen Seiten abstanden: „Aber nein, ich geh doch nicht weg! Warum denkst du das, mein Sohn?“

Jorelian rückte noch näher an ihn heran und flüsterte kaum vernehmlich: „Ich darf doch nicht petzen!“

Clark musste sich ein Lächeln verkneifen. Das kam nun davon, wenn man versuchte, seinen Kindern etwas von Geheimhaltungspflichten zu vermitteln, auch wenn sich das in dem Zusammenhang mit ‚Petzen‘ sehr gewaltig anhörte.

Liebevoll glitten seine Finger über das immer noch angespannte kleine Gesicht: „Schau, du hast doch sehr großen Kummer. Wenn du mir den Grund erzählst, ist das ganz bestimmt kein Petzen! Ich will dir doch helfen. Das kann ich aber nur, wenn ich weiß, was dich bedrückt.“

Ganz tief atmete der Kleine auf, ein unüberhörbarer Schnaufer löste sich: „Ach, Daddy, ich glaub, Mummy hat dich nicht mehr lieb!“

Ein leiser Verdacht keimte in Clark auf. Hatte sein Begehren ihn wieder einmal zu unvorsichtig werden lassen und sein Sprössling musste deswegen leiden? Alarmiert fragte er nach: „Sag mir, wie du darauf kommst!“

Große dunkle Kinderaugen sahen ihn äußerst unglücklich an. Das Elend der ganzen Welt schien in ihnen zu stehen: „Ich bin vorhin wachgeworden, konnte nicht wieder einschlafen und da wollte ich zu euch. Eure Tür stand ein bisschen auf, ein kleines Licht war an, ich konnte schon rein sehen …“, wieder ein kräftiger Schluchzer, die Stimmlage und Lautstärke erhöhten sich etwas.

Dann purzelten die Worte nur so heraus: „Daddy, da kam Superman durch das Fenster geflogen und Mummy ist aus dem Bett gesprungen. Sie hat zu ihm gesagt: ‚Liebling, endlich! Ich vergehe vor Sehnsucht‘! Dann haben sie sich geküsst. Mummy hat noch gesagt, dass sie ihn so sehr lieb hat.“

Oh ja, an diese Begrüßung konnte Clark sich mit äußerstem Wohlbehagen erinnern. Und was dann gefolgt war, spürte er noch jetzt in jeder Faser seines Körpers. Als er im silbernen Mondschein heimwärts geflogen war, hatte er das weit geöffnete, leicht erleuchtete Fenster bemerkt und sofort gewusst, dass seine Frau ihn sehnlichst erwartete.

Doch seine Selbstvorwürfe überdeckten im Moment den wunderschönen Rückblick. Er wollte wissen: „Und? Hast du Superman auch sprechen hören?“ Voller Verlangen von den Haar- bis zu den Fußspitzen hatte er für seine Frau überaus zärtliche Worte gefunden. Der Kleine hätte doch eigentlich die Stimme seines Vaters erkennen müssen!

Doch Jorelian schüttelte nur den Kopf: „Nein, Dad, er hat nur leise etwas ganz tief gebrummelt, das konnte ich nicht verstehen. Aber er hat Mummy auf den Arm genommen und zum Bett getragen. Da bin ich ganz schnell und leise wieder in mein Zimmer gegangen. Noch nicht mal Superman hat mich gehört.“

Wo seine Supersinne abhanden gekommen waren, wusste Clark genau. Er schloss dankbar einen Moment die Augen. Wenigstens das weitere hatte sich das Kind selber durch sein Weggehen erspart.

Die Tränenspuren glänzten in dem kleinen, kummervollem Gesicht, der Mund verzog sich zum neuerlichen Weinen: „Und jetzt hab ich solche Angst! Wenn ihr euch nicht mehr lieb habt, trennt ihr euch dann wie die Eltern von Fred und Lizzy? Das hat Fred mir selbst erzählt! Und wohnst du dann auch ganz woanders? Nicht mehr bei uns? Auch Lara wird ganz traurig sein, wenn sie das hört! Wird Superman hier wohnen, wenn Mummy ihn so lieb hat?“

Verzweifelt klammerte sich Jorelian an den Hals seines Vaters: „ Aber ich will nicht Superman, ich will dich!“

~*~*~*~

Fortsetzung folgt

Re: Das Familiengeheimnis

BeitragVerfasst: Di 12. Apr 2011, 21:25
von Gelis
Das Familiengeheimnis (2/2)


Verzweifelt klammerte sich Jorelian an den Hals seines Vaters: „ Aber ich will nicht Superman, ich will dich!“

Wie ein Gruß aus der Vergangenheit klangen Clark diese Worte ans Ohr. Damals kamen sie von Lois, heute von ihrem gemeinsamen Sohn! Und konnte ein Kind seinem Vater etwas Schöneres sagen?

Voller Liebe drückte Clark tröstend einen Kuss auf die sorgenvoll zusammengezogene Stirn seines Nachwuchses und versuchte sie mit seinen Worten wieder zu glätten. „Jorelian Samuel Kent, es ist alles in bester Ordnung! Du und Lara, ihr braucht ganz gewiss keine Angst haben. Eure Eltern haben sich immer noch ganz doll lieb! Wir trennen uns bestimmt nicht!“

Mit einem aufbegehrendem: „Aber, aber… Superman, …ich hab`s doch gehört!“, und einem zweifelnden Blick verfolgte das Kind jede Mundbewegung seines Vaters.

Der hätte sich am liebsten die Haare gerauft! „Und hast du eigentlich schon lange geweint?“ Welch ein Rabenvater war er, dass er das nicht registriert hatte!

Jorelians Antwort beruhigte ihn etwas: „Nein, zuerst habe ich ziemlich lange überlegt, ob ich zu Lara gehen soll. Aber ich wollte nicht petzen. Dann habe ich auf dich gewartet. Und weil ich dich nicht gehört habe“, die Erzählung wurde abermals durch tiefe Schluchzer unterbrochen: „…Weil ich dich nicht gehört habe, dachte ich, du kommst gar nicht mehr nach Hause. Und da musste ich weinen. Aber ich konnte doch nicht zu Mummy, da war doch …Superman.“ Die letzten Worte hauchte er nur noch ganz leise.

Der Kummer des Kindes erschütterte Clark bis ins Mark. Was hatte er da bloß angerichtet! Konnte er nicht wie ein normaler Mann zur Haustür hereinkommen? Obwohl er in allem, auch in dieser bestimmten Angelegenheit, alles andere als normal war!

Die Gedanken rasten durch seinen Kopf. Mit dieser Belastung durfte er seinen Sohn jetzt nicht allein lassen. Nein, das musste wohl oder übel aufgeklärt werden.

Es war an der Zeit, das große Familiengeheimnis an seinen Nachkömmling weiterzugeben! Lois und er waren sich darin einig geworden, jeden kindlichen Zweifel sofort mit der Wahrheit zu beseitigen. Das Vertrauen zu den Eltern durfte nie enttäuscht werden.

Außerdem machte sich schon eine von den Superkräften bei dem Jungen bemerkbar. Er war weitaus schneller als gleichaltrige Kinder. Über kurz oder lang musste er sowieso über die Herkunft dieser Eigenschaft aufgeklärt werden. Dann doch lieber über kurz!

Vorsichtig löste Clark die Ärmchen von seinem Hals: „Bleib schön liegen, ich will nur etwas holen!“

Er stand auf, ging zu der weit weggeworfenen, blauroten Figur seines Alter Ego und hob sie auf. Mit ihr wollte er seine Offenbarung verknüpfen. Gedankenvoll mit etwas schweren Beinen kehrte er langsam zum Bett zurück.

Wäre diese andere, erneute Belastung nicht zu viel für den Jungen? Er war doch noch so unbedarft! Lara hatte es mit viereinhalb Jahren selber herausgefunden. Ihr war aufgefallen, dass ihr Dad immer weg war, wenn Superman Rettungseinsätze hatte. Wenn Superman die Familie besuchte, war Dad seltsamerweise immer abwesend. Nie sah man die beiden zusammen. Und die Ähnlichkeit zwischen ihnen war für ihre Augen unübersehbar. So hatte sich die Kleine alles zusammengereimt und ihre Eltern mit ihrem Wissen konfrontiert. Es war für sie auch in dem zarten Alter selbstverständlich, das Familiengeheimnis zu wahren.

Wie würde ihr Bruder diese Tatsache aufnehmen? Der schaute seinem Vater erwartungsvoll entgegen. Doch als Jorelian erkannte, was er ihm reichen wollte, verwandelte sich die Erwartung in Ablehnung. Er stieß die Hand mit der Puppe protestierend von sich: „Nein, den will ich nicht mehr!“ Der unschuldige Superman landete leider wieder auf dem Fußboden.

„Komm, rück ein Stückchen!“ Clark räumte den Flipper mit der schon dreimal reparierten Rückennaht zur Seite. Nur ganz vorsichtig und mit angezogenen Beinen konnte er sich in das 140 cm lange Kinderbett legen, neben die sich an ihn kuschelnde Gestalt.

Bang verfolgt von den dunklen Augen begann er seine Erläuterung: „Komm, Sohn, mach dir keine Sorgen! Es ist wirklich alles gut! Ich werde versuchen, dir das zu erklären! Sag mir doch mal ganz genau, warum du damals unbedingt diese Puppe haben wolltest?“

Verständnislos war der Blick, der ihn traf. Der Ton war mitleidig-belehrend: „Daddy, das müsstest du aber noch wissen! Superman hat mich so an dich erinnert, er sieht dir doch so ähnlich!“

„Ganz genau! Und warum ist das so?“, flüsterte er und drückte seinen Sprössling an sich: „Jorelian, du wirst in einem Monat sechs Jahre alt. Und weil du schon ein so großer Junge und so vernünftig bist, werde ich dir ein gewaltiges Familiengeheimnis anvertrauen. Denk doch mal richtig nach! Glaubst du wirklich, dass deine Mummy einen fremden Mann küssen und liebhaben würde und wenn er auch Superman wäre? Und was meinst du, warum du mich nicht hast heimkommen hören, wieso ich auf einmal da war? Und warum habe ich wohl dein heimliches Weinen hören können? …Na?“

Clark konnte zusehen, wie es hinter der kleinen Stirn zu arbeiten begann. Ein Spektrum von Empfindungen entfaltete sich in dem Gesicht seines Sohnes. Zuerst war es ganz verdutzt, dann überrascht und langsam dämmerte Verstehen auf. Letztendlich war die Erkenntnis da!

Mit einem lauten Jubelschrei sprang Jorelian auf und benutzte seine Matratze als Trampolin. Der Lattenrost knackte bedenklich. „…Cooooool, cooooool, …mein …Daddy …ist …!“ Hier ließ er sich einfach wieder fallen und flüsterte entzückt: „…Superman!“ Ganz fest presste er sich mit einem erlösenden Seufzer an seinen Erzeuger und bedeckte dessen Gesicht mit einigen feuchten Küsschen: „Dann ist ja alles gut! …Dad, duuu bist Superman! Dann hat Mummy diiiich ja so lieb!“ Jetzt strahlten die großen Augen vor Glück. Vor Erleichterung fiel Clark ein Riesenfels vom Herzen.

Etwas sehr Schönes musste dem Knaben in den Sinn gekommen sein. Denn dieses unwiderstehliche Lächeln, von dem Lois immer behauptete, dass er das von seinem Vater geerbt hätte, erschien auf seinem Gesicht und Supermans Sohn fragte: „Da-ad? Wann fliegst du mit mir? Werde ich das auch mal können? Zeigst du mir wie das geht?“ Clark musste herzhaft lachen. Natürlich, das Fliegen! Was denn sonst! Wie seine Mutter!

Bevor er aber antworten konnte wurde die Tür aufgerissen und genau dieser weibliche Teil der Familie Lane-Kent stand im Rahmen und schaute verständnislos auf die beiden Männer, den großen und den kleinen, die sich in dem Kinderbett köstlich amüsierten.

„Was ist denn hier los? Gibt es hier eine Pyjama-Party mitten in der Nacht?“ Lois Blick auf ihren Mann war halb erstaunt und halb vorwurfsvoll. Allerdings zuckten ihre Mundwinkel dabei sehr verdächtig. Auch Lara drängte sich herein, gähnte herzhaft und rieb sich die Augen. Ihr Gesicht war eine einzige Frage, was der Schrei und das Familientreffen hier in dem Zimmer wohl zu bedeuten hätten.

Behende wie ein kleines Äffchen kletterte Jorelian über seinen Vater hinweg und war blitzschnell bei seiner Mutter. Mit beiden Armen umfing er sie in Bauchhöhe und frohlockte: „Mummy, Mummy, ich weiß jetzt, wer Superman ist!“

Aus ihrem tiefen Verständnis heraus genügte Clark nur Lois` fragender Blick, den er mit einem leichten Nicken beantwortete. Er war sich sicher, dass sie nun informiert war, weshalb er ihren Sohn zu nächtlicher Stunde über Supermans Identität hatte aufklären müssen.

Lara gähnte nochmals herzhaft. Mit der ganzen Arroganz und Überheblichkeit der um zweieinhalb Jahre älteren Schwester ließ sie verlauten: „Das hast du jetzt erst gemerkt? Ich weiß das schon lange! Und darum machst du solch ein Geschrei mitten in der Nacht? Wenn es nur das ist, kann ich ja wieder schlafen gehen! Gute Nacht!“ Sie drehte sich schwungvoll herum, dass ihr dicker brauner Zopf nur so flog. Ein königliches Winken begleitete ihren Abgang.

Die Eltern schauten ihr amüsiert hinterher. Clark konnte sich ein: „Ganz die Mutter“, nicht verkneifen, was ihm allerdings von genau derselben einen kurzen strafenden Blick eintrug, bevor sie sich wieder dem Kleinen widmete.

Immer noch verkrümmt in dem unpassenden Bett liegend konnte Clark seine Augen von diesem wunderschönen Mutter-Kind-Bild nicht abwenden. Es kam ihm wie ein Gemälde vor, nur Lois` Hand bewegte sich. Jorelian hielt seine ‚Mummy‘ immer noch ganz fest umfangen, als ob er sie nach langem Suchen endlich wiedergefunden hätte und nie mehr loslassen wollte. Mit einem nicht zu beschreibenden Ausdruck in ihrem Gesicht schaute Lois zu ihrem Sohn hinab und streichelte immer wieder seine durcheinander gewirbelten Haare.

Clark schnürte es die Kehle zu. Wie liebte er diese Frau und wie stark war sie! Ihre Liebe und diese seelische Stärke hatten ihm das Leben ermöglicht, von dem er geträumt hatte, als er damals nach Metropolis gekommen war.

Ihm wurde wieder einmal bewusst, dass seine Berufung für die Welt ein Segen sein mochte, aber sie war es nicht für ihn und seine Familie. Wie oft musste er Lois die ganze Verantwortung aufbürden und sie in manch heikler Situation allein lassen. Doch das war ihr schon vor der Heirat durchaus bewusst gewesen und sie hatte es in Kauf genommen. Sie war damals schon so stark, seine Lois, damals schon und sie war immer stärker geworden. Clark war sich sicher, dass die Kinder diese Kraft von ihr mit der Muttermilch eingesogen hatten. Wie anders hätte Jorelian denn diese überwältigende Neuigkeit akzeptieren und verkraften können?

Und diese starke Frau schaute ihn nun auffordernd ohne Worte an. Er verstand sie auch so. Gespielt ächzend erhob sich der Familienvater aus der ungemütlichen Lage und hielt sich das Kreuz. „Es wird höchste Zeit, Sohn, dass du ein großes Bett bekommst. Oh, mir tut alles weh, ich muss unbedingt wieder in mein eigenes. Und wir müssen alle endlich schlafen. Die Nacht ist ja bald vorbei.“

Lois schob ihm leicht seinen Sohn zu. Sanft nahm er das Kind hoch und legte es auf das Ruhelager: „Guck mal, deine Kameraden sind schon so müde! Und wenn du morgen ausgeschlafen hast, werden wir dir eine supertolle Geschichte von einem viel kleineren Jungen erzählen. Sie ist tatsächlich wahr und sie wird dir sehr gefallen. Darin kommt sogar vor, woher du deinen außergewöhnlichen Namen hast! Und fliegen werden wir beide auch bald! Fest versprochen! Gute Nacht, Großer, schlaf schön!“

Die besorgte Mutter deckte den Kleinsten der Familie behutsam zu, nicht ohne ihn nochmals zärtlich zu streicheln und eine Bestätigung einzuholen: „Ist jetzt alles wieder in Ordnung, Jory? Wirst du schlafen können? Wenn nicht, du weißt...!“

Das strahlende Gesicht beantwortete schon die erste Frage. Kleine schmatzende Gute-Nacht-Küsschen verteilte der Held in spe an seine sich über ihn beugenden Eltern und teilte ihnen großspurig mit: „Jetzt kann ich bestimmt schlafen. Sonst komm ich zu euch! Gute Nacht, Mummy! Daddy!“

Clark legte seinen Arm um seine Frau und ging mit ihr zur Tür hinaus. Über die Schulter zurückschauend sah und hörte er, wie sein Sohn die vorhin zweimal verschmähte, blaurot gewandete Puppe schnell aufhob, sie an sich drückte und ihr glücklich lächelnd zuflüsterte: „Sorry, war wirklich nicht so gemeint. Und jetzt hab ich dich doch noch viel, viel lieber!“


E N D E